BAG: Sachgrundlose Befristung trotz Vorbeschäftigung bei ganz anders gearteter Tätigkeit

Sachgrundlose Befristung

Das Verbot einer sachgrundlosen Befristung im Falle einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber gilt nicht unbeschränkt und ist nicht auf Fälle anzuwenden, in der Arbeitnehmer ganz anders geartete Tätigkeiten im Zusammenhang mit einer Aus- und Weiterbildung ausüben soll. Dies ist aber nur der Fall, wenn sie der Erwerbsbiographie des Arbeitnehmers eine völlig andere Richtung geben.

BAG, Urteil vom 16.09.2020 - 7 AZR 552/19 

Sachverhalt

Der Kläger war vom 14.04.2008 bis 13.04.2010 bei dem Beklagten im Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement als Sachbearbeiter zur Vorbereitung und Durchführung von Bauverträgen bzgl. der Erfassung von Anforderungen in der technischen Gebäudeausrüstung und Umsetzung bei Bauvorhaben mit Instandhaltung beschäftigt. Am 13.10.2008 hatte der Kläger ein berufsbegleitendes Studium an der Sächsischen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie aufgenommen, das er am 24.09.2011 mit dem Abschluss als „Verwaltungs-Betriebswirt (VwA)“ beendete. Im März 2015 bewarb sich der Kläger bei dem Beklagten auf die Stelle eines Referenten im Referat „Betriebssicherheit“ bei der Landesdirektion Sachsen und erhielt einen bis zum 31.05.2017 befristeten Arbeitsvertrag. Der Kläger machte im Jahr 2017 die Unwirksamkeit der Befristung geltend.

 

Entscheidung

Nachdem der Klage wurde sowohl erst- als auch zweitinstanzlich stattgegeben wurde, hatte auch die Revision des Beklagten keinen Erfolg. Das BAG stellte fest, dass ein Verbot einer sachgrundlos befristeten Wiedereinstellung nur gerechtfertigt sei, soweit das legitime Interesse der Arbeitssuchenden an einer auch nur befristeten Beschäftigung und das ebenfalls legitime Flexibilisierungsinteresse der Arbeitgeber nicht entgegenstehe. Das könne insbesondere dann der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Dies sei etwa denkbar bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit, bei Werkstudenten und studentischen Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder bei einer erzwungenen oder freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergehe. Im Streitfall lägen diese Voraussetzungen aber nicht vor. Zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen habe nur ein Zeitraum von fünf Jahren und knapp zwei Monaten gelegen. Die Vorbeschäftigung sei auch nicht von sehr kurzer Dauer gewesen. Schließlich sei die Vorbeschäftigung des Klägers als Sachbearbeiter auch nicht ganz anders geartet gewesen als die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Referent. Es reiche nicht aus, dass nur Unterschiede in der konkreten Tätigkeit bestehen. Eine ganz anders geartete Tätigkeit sei im Zusammenhang mit einer Aus- oder Weiterbildung vielmehr nur dann anzunehmen, wenn diese den Arbeitnehmer zur Erfüllung von Aufgaben befähigt, die zwar nicht einer beruflichen Neuorientierung im Sinne einer Tätigkeit etwa in einer anderen Branche gleichkommen, aber der Erwerbsbiographie des Arbeitnehmers eine völlig andere Richtung geben.

 

Fazit

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, wie hoch die Anforderungen an ein Abweichen vom gesetzlich normierten Vorbeschäftigungsverbot bei der sachgrundlosen Befristung gesetzt werden. Da das BAG seine zwischenzeitlich angenommene zeitliche Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots auf drei Jahre wieder gekippt hat, bedürfte es einer klaren gesetzlichen Regelung. Solange diese nicht vorliegt, bleibt es dabei, dass nur in strengen Ausnahmefällen Arbeitsverhältnisse trotz Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgebenden sachgrundlos befristet werden können.

 

 


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