LAG Düsseldorf – Diebstahl eines Liters Desinfektionsmittel rechtfertigt fristlose Kündigung

Fristlose Kündigung

Die Entwendung von Desinfektionsmitteln und Papierhandtüchern kann auch im Falle geringer Mengen, insbesondere in Pandemiezeiten, zu einer berechtigten fristlosen Kündigung führen.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 14.1.2021 – 5 Sa 483/20

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Paketzustellunternehmen, seit 2004 als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Bei einer stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle fand der Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle (Wert: ca. 40 Euro). Bei der Beklagten waren zum damaligen Zeitpunkt immer wieder Desinfektionsmittel verschwunden. Die Beklagte sprach nach erteilter Zustimmung des Betriebsrats die fristlose Kündigung aus.

Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens gab der Kläger an, er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Er habe das Mittel für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, zumal dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Die Beklagte berief sich darauf, mit Aushängen im Sanitärbereich darauf hingewiesen zu haben, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.

Entscheidung

Wie schon das Arbeitsgericht wies auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf die Kündigungsschutzklage ab. Beide Gerichte sahen einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung als gegeben an. Die Einlassungen des Klägers seien nicht glaubhaft. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel angeeignet habe, um es selbst zu verbrauchen. Wenn er es während der Schicht habe benutzen wollen, hätte es nahegelegen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, zumal in der Nacht nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass der Kläger das Desinfektionsmittel tatsächlich auch für die Kollegen verwenden wollte, da er diesen weder gesagt hatte, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt, noch ihnen den Autoschlüssel gegeben hatte, um es benutzen können. Zudem war die aufgefundene Flasche nicht angebrochen. Der Kläger habe in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war und in Kenntnis davon, dass auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit habe er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen. Daher habe ihm klar sein müssen, dass die Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährde.

Fazit

Das LAG hat im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung die pandemiebedingte Sondersituation einfließen lassen und berücksichtigt, dass Desinfektionsmitteln als wichtiges und rares Gut während einer Pandemie eine größere Bedeutung zukommt. Das Gericht sah die Entwendung der Mangelware Desinfektionsmittel zu Lasten der Kollegen sogar als so verwerflich an, dass auch die Betriebszugehörigkeit von 16 Jahren kein Gegengewicht zugunsten des Arbeitnehmers darstellen konnte.


(c) Photo by Noah on Unsplash


Nach oben