Corona ist „höhere Gewalt“: Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko auch bei pandemiebedingter Schließung

Corona ist höhere Gewalt

Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf gehört es zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers, wenn er seinen Betrieb aufgrund einer behördlichen Anordnung vorübergehend schließen muss. Das Gericht sprach einer früheren Mitarbeiterin Verzugslohn für die wegen der Corona-Regeln ausgefallenen Arbeitsstunden zu. 

Der Betrieb von Spielhallen wurde ab dem 16.03.2020 auf Grundlage von Pandemie-Verordnungen (insbesondere der Coronaschutzverordnung NRW) untersagt. Der Spielhallenbetreiber war also gezwungen, seinen Standort zu schließen. Die Mitarbeiterin hätte bei normalem Geschäftsbetrieb laut Dienstplan im April 2020 insgesamt 62 Stunden gearbeitet. Zum Mai 2020 endetet das Arbeitsverhältnis, da die Mitarbeiterin in Rente ging. Somit konnte sie auch kein Kurzarbeitergeld beziehen. 

Die Mitarbeiterin klagte Annahmeverzugslohn für 62 ausgefallene Arbeitsstunden im Monat April 2020 ein mit der Begründung, dass der Arbeitgeber auch in der Pandemie das Betriebsrisiko trage. Der Spielhallenbetreiber hingegen wollte den Lohnausfall dem allgemeinen Lebensrisiko der Klägerin zuordnen, weil ihr auf Grund der behördlich angeordneten Betriebsschließung die Annahme der Arbeitskraft der Mitarbeiterin nicht möglich war. 

Corona und demnach auch Corona-Verordnungen sind „höhere Gewalt“ und daher Betriebsrisiko des Arbeitgebers 

Sowohl das Arbeitsgericht Wuppertal als auch die Berufungsinstanz (LAG Düsseldorf) gaben der Mitarbeiterin Recht. Das LAG sprach ihr die Vergütung für die ausgefallenen 62 Arbeitsstunden zu (insgesamt 666,19 Euro brutto). Gemäß § 615 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befindet sich ein Arbeitgeber in den Fällen, in denen er das Risiko des Arbeitsausfalls trägt, in Annahmeverzug. Er muss dann Vergütung ohne Arbeitsleistung zahlen. 

Nach der gesetzlichen Wertung des § 615 Satz 3 BGB trage der Arbeitgeber das Betriebsrisiko, welches Ursachen umfasse, die von außen auf den Betrieb einwirken und die Fortführung des Betriebs verhindern. Um eine solche Ursache handele es sich bei der aktuellen Pandemie. Daran ändere auch nichts, dass die durch die Coronaschutzverordnung bedingte staatliche Schließung dieses Risiko zu Lasten der Spielhalle verwirklichte.  

Nach der bisherigen Rechtsprechung erfasste dieses Risiko vor allem anerkannte Fälle höherer Gewalt, wie z.B. Naturkatastrophen, Erdbeben, Überschwemmungen oder extreme Witterungsverhältnisse. Auch wenn das Ergebnis nicht überrascht, hat das LAG Düsseldorf nun ausdrücklich festgestellt, dass die pandemiebedingte Schließung ebenso unter den Anwendungsbereich des § 615 Satz 3 BGB fällt.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum BAG zugelassen. 

Alle Infos zum Urteil finden Sie hier: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.03.3021 - 8 Sa 674/20

Hintergrundinfo zu § 615 Satz 3 BGB:

Das vom Arbeitgebenden zu tragende Betriebsrisiko ergibt sich aus § 615 Satz 3 BGB: 

"§ 615 BGB Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko 

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.“ 

 


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